Zwei Silberne Bären gingen an
"Sophie Scholl-Die letzten Tage"
Die Widerstandsgruppe der "Weißen Rose", die in den Jahren 1942 und 43 in sechs Flugblättern zum Widerstand aufrief, den meisten geläufig. Das mutige Handeln der Münchner Studenten, allen voran Hans und Sophie Scholl, und ihres Professors Kurt Huber steht inzwischen außer Frage, seltsame Selbstmord- und Kamikaze-Theorien sind vom Tisch. Dazu haben auch Filme wie Michael Verhoevens "Die weiße Rose" beigetragen, der 1982 den Bundesfilmpreis erhielt. Noch hat man das Gesicht der Hauptdarstellerin Lena Stolze vor Augen, wenn man an die "Weiße Rose" denkt. Dennoch hat man sich nun zu einem neuen Film über Sophie Scholl entschieden: "Sophie Scholl - Die letzten Tage".
Unter den neuen Produktionen über Deutschlands Nazi-Vergangenheit ist diese sicherlich die wichtigste. So fand sie zuletzt auch ihren Platz als im Wettbewerb der Berlinale.Und hat schliesslich zwei Silbernen Bären erhalten.
Der Film wahrt den Abstand zu den Tätern, er menschelt nicht auf unangemessene voyeuristische Weise. Dennoch ist man nicht ganz froh mit diesem Dokudrama, das sich streng an Fakten hält. Der Autor Fred Breinersdorfer schrieb das Drehbuch nach Polizei- und Prozessprotokollen, die bis 1989 in Sicherheitsarchiven der DDR verschlossen waren. Sollte das Andenken der "Weißen Rose" verborgen bleiben, um die Geschichte des kommunistischen Widerstands nicht zu relativieren, ihm nicht seine Einmaligkeit zu nehmen? Fast scheint es so - ein bitterer Treppenwitz der Geschichte.
Breinersdorfer und der sorgfältige Regisseur Marc Rothemund konzentrieren sich auf die letzten sechs Tage der Münchner Widerstandsgruppe und ihrer Heldin Sophie Scholl, die zusammen mit ihrem Bruder Hans am 18. Februar 1943 beim Verteilen von Flugblättern, die zum Widerstand gegen Hitler aufriefen, im Lichthof der Münchner Universität festgenommen wurde. Nach kurzem Prozess wurden sie am 22. Februar zusammen mit anderen Mitgliedern der Gruppe hingerichtet.
"Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk erduldet hat", hatte es im sechsten und letzten Flugblatt der "Weißen Rose" im Februar 1943 geheißen.
Der Text besticht in seiner Klarheit auch Jahrzehnte danach, Kühnheit und Mut der Schreiber und Verteiler sind bewunderungswürdig und jenseits bloßen Eifers. So ist zu bedauern, dass sich der Film nun beinahe ausschließlich auf die Zeit nach der Verhaftung, auf das Polizeiverhör und den Prozess vor dem Volksgerichtshof Freislers beschränkt. Hätte man etwa die Perspektive Sophie Scholls eingenommen, dann wären Motive und Werdegang der mutigen Studentin eindrucksvoller zu zeigen gewesen. So aber bekommt der verhörende Münchner Polizeischerge namens Mohr (Alexander Held) eine seltsam übergewichtige, unangemessene Bedeutung. Es interessiert letztlich aber nicht wirklich, ob er der Verhafteten tief in seinem Innersten gerne eine Chance gegeben hätte. Er hat es nicht getan. Er nimmt hier bloß den Platz weg, der anderen gebührt.
"Sophie Scholl - Die letzten Tage" wollte sich offenbar allzu bewusst von seinen Vorgängern zum selben Thema unterscheiden. Zuweilen ergeht sich der Film tatsächlich in ermüdenden Disputen, wenn er tagelange Verhöre in zeitlich-räumlicher Einheit zusammenzieht. Glücklicherweise aber weiß der Zuschauer längst, auf wessen Seite das wahre Recht zu finden ist. Julia Jentsch allerdings ist eine Sophie Scholl, die überzeugt, weil sie das Gedächtnis an die zeitgeschichtliche Figur und damit den zeitlichen Abstand geradezu mitzuspielen scheint. Sie verwandelt sich die große Rolle völlig unpathetisch an. Doch hätte man ihr - wie dem gesamten Film - mehr Atem, mehr von der Leichtigkeit des Rahmens gegönnt. Dort sind Sophie Scholl und ihre Freundin am Lautsprecher zu sehen. Sie lauschen Swingmusik und sind noch voller Heiterkeit. Eine Heiterkeit, die erst am Ende wiederkehrt, wenn spät, zu spät für viele, doch das Gute siegt.
Die Widerstandsgruppe der "Weißen Rose", die in den Jahren 1942 und 43 in sechs Flugblättern zum Widerstand aufrief, den meisten geläufig. Das mutige Handeln der Münchner Studenten, allen voran Hans und Sophie Scholl, und ihres Professors Kurt Huber steht inzwischen außer Frage, seltsame Selbstmord- und Kamikaze-Theorien sind vom Tisch. Dazu haben auch Filme wie Michael Verhoevens "Die weiße Rose" beigetragen, der 1982 den Bundesfilmpreis erhielt. Noch hat man das Gesicht der Hauptdarstellerin Lena Stolze vor Augen, wenn man an die "Weiße Rose" denkt. Dennoch hat man sich nun zu einem neuen Film über Sophie Scholl entschieden: "Sophie Scholl - Die letzten Tage".
Unter den neuen Produktionen über Deutschlands Nazi-Vergangenheit ist diese sicherlich die wichtigste. So fand sie zuletzt auch ihren Platz als im Wettbewerb der Berlinale.Und hat schliesslich zwei Silbernen Bären erhalten.
Der Film wahrt den Abstand zu den Tätern, er menschelt nicht auf unangemessene voyeuristische Weise. Dennoch ist man nicht ganz froh mit diesem Dokudrama, das sich streng an Fakten hält. Der Autor Fred Breinersdorfer schrieb das Drehbuch nach Polizei- und Prozessprotokollen, die bis 1989 in Sicherheitsarchiven der DDR verschlossen waren. Sollte das Andenken der "Weißen Rose" verborgen bleiben, um die Geschichte des kommunistischen Widerstands nicht zu relativieren, ihm nicht seine Einmaligkeit zu nehmen? Fast scheint es so - ein bitterer Treppenwitz der Geschichte.
Breinersdorfer und der sorgfältige Regisseur Marc Rothemund konzentrieren sich auf die letzten sechs Tage der Münchner Widerstandsgruppe und ihrer Heldin Sophie Scholl, die zusammen mit ihrem Bruder Hans am 18. Februar 1943 beim Verteilen von Flugblättern, die zum Widerstand gegen Hitler aufriefen, im Lichthof der Münchner Universität festgenommen wurde. Nach kurzem Prozess wurden sie am 22. Februar zusammen mit anderen Mitgliedern der Gruppe hingerichtet.
"Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk erduldet hat", hatte es im sechsten und letzten Flugblatt der "Weißen Rose" im Februar 1943 geheißen.
Der Text besticht in seiner Klarheit auch Jahrzehnte danach, Kühnheit und Mut der Schreiber und Verteiler sind bewunderungswürdig und jenseits bloßen Eifers. So ist zu bedauern, dass sich der Film nun beinahe ausschließlich auf die Zeit nach der Verhaftung, auf das Polizeiverhör und den Prozess vor dem Volksgerichtshof Freislers beschränkt. Hätte man etwa die Perspektive Sophie Scholls eingenommen, dann wären Motive und Werdegang der mutigen Studentin eindrucksvoller zu zeigen gewesen. So aber bekommt der verhörende Münchner Polizeischerge namens Mohr (Alexander Held) eine seltsam übergewichtige, unangemessene Bedeutung. Es interessiert letztlich aber nicht wirklich, ob er der Verhafteten tief in seinem Innersten gerne eine Chance gegeben hätte. Er hat es nicht getan. Er nimmt hier bloß den Platz weg, der anderen gebührt.
"Sophie Scholl - Die letzten Tage" wollte sich offenbar allzu bewusst von seinen Vorgängern zum selben Thema unterscheiden. Zuweilen ergeht sich der Film tatsächlich in ermüdenden Disputen, wenn er tagelange Verhöre in zeitlich-räumlicher Einheit zusammenzieht. Glücklicherweise aber weiß der Zuschauer längst, auf wessen Seite das wahre Recht zu finden ist. Julia Jentsch allerdings ist eine Sophie Scholl, die überzeugt, weil sie das Gedächtnis an die zeitgeschichtliche Figur und damit den zeitlichen Abstand geradezu mitzuspielen scheint. Sie verwandelt sich die große Rolle völlig unpathetisch an. Doch hätte man ihr - wie dem gesamten Film - mehr Atem, mehr von der Leichtigkeit des Rahmens gegönnt. Dort sind Sophie Scholl und ihre Freundin am Lautsprecher zu sehen. Sie lauschen Swingmusik und sind noch voller Heiterkeit. Eine Heiterkeit, die erst am Ende wiederkehrt, wenn spät, zu spät für viele, doch das Gute siegt.
resistance in underground - 19. Feb, 12:00
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